Alles nicht neu? Interessantes aus der Schublade!
Kur- und Tourismus-Marketing in Bad Gandersheim

Die Situation ist hinlänglich bekannt, die Lage ernst genug, sie muss nicht auch noch ausschweifend beschrieben werden.

Erst verändern sich die Spielregeln, dann die spezifischen Umfeldbedingungen.
Das Gesundheitsstrukturgesetz schlug eine Schneise in die ach so geordneten Verhältnisse. Plötzlich war nichts mehr so wie es einmal war. Die Gesetzgebung durchlief ihre vorbestimmten Stufen und machte aus mach´ gut situierter Kurstadt quasi über Nacht eine ins Mark ge- und dann vor allem betroffene Gemeinde.

Wie wahr, wie wahr man meint, da hat jemand eine treffende Zustandsbeschreibung des Herbstes 2003 vorgenommen.

Fehlanzeige - diese Textpassagen sind aus dem Jahr 1997 / 1998 und stehen am Anfang eines Positionspapiers der Firma IDC, Bremen die im Auftrage der Stadt Bad Gandersheim (mit finanzieller Unterstützung der Nieders. Landesregierung) seinerzeit ein Marketingkonzept erarbeitet hat. Nach der Vorlage der Unterlagen im Juli 1998 gab es mehrere Beratungstermine und dann gelangte das Papier dahin, wo schon einige Gutachten, Stellungnahmen und Positionspapiere lagen: in die Schublade.

Der Wirtschaftsbeirat (heute GWF) führte im Herbst 1998 eine Aktion 1000 Ideen für Bad Gandersheim durch. Dabei gab es viel neue aber auch bereits bekannte Ideen und Anregungen. Auf dieser Grundlage und unter Einbeziehung der Schubladen-Gutachten wurde durch den Wirtschaftsbeirat ein Massnahmenkatalog erstellt. In ihm waren alle bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Papiere, die sich mit Stadtmarketing, Tourismusentwicklung und Kur beschäftigten, verarbeitet, Doppelungen zusammengefasst und Umsetzungsschritte beschrieben. Sämtliche Ratsmitglieder und die Verwaltung erhielten ein Arbeitsexemplar mit der Bitte, entsprechend dem mehrfach geäußerten Willen nun Taten folgen zu lassen.

Trotz mehrfacher Anläufe im Fachausschuss gelang es nicht, das Thema intensiv zu bearbeiten bzw. Massnahmen im grösseren Stil konkret anzugehen. Die SPD-Fraktion stellte dann Mitte 2000 einen entsprechenden Antrag, der nach eingehender Diskussion Mitte 2001 im Verwaltungsausschuss als Umsetzung des touristischen Massnahmenkonzeptes mit Mehrheit beschlossen wurde und somit für die Verwaltung bindend das weitere Handeln vorgab.

Sicherlich sind eine Reihe von Punkten aufgegriffen und erledigt worden. Sowohl Hardware (Umbau Kartenzentrale / Touristinformation, EDV, Internet, Vital-Park,) wie auch Software (Kartenreservierung, Imageprospekt und Gastgeberverzeichnis -inzwischen allerdings auch wieder total überholungsbedürftig-, Angebot für neue Zielgruppen). Aber es bleibt festzustellen, das wesentliche Teile unbearbeitet geblieben sind. Nachstehend einige Beispiele:

Erstellen einer Einzugsstatistik Wer sind unsere Gäste (Kunden), wo kommen sie her, waren sie schon einmal da? Wie viel echte Kurgäste haben wir eigentlich? Gibt es Nur-Übernachter, wie wirkt sich das Transit- und Messegeschäft aus? Wie viel Seminar- und Schulungsübernachtungen sind in den Übernachtungszahlen enthalten? Fragen, die man mit der vorliegenden Gästestatistik nicht beantworten kann. Aber sind solche Zahlen nicht wichtig für die Erarbeitung neuer Angebote, für die zielgerichtete Werbung? (Hätte die Verwaltung sich mit den Zahlen regelmässig beschäftigt, wäre sicherlich früher aufgefallen, das im Bereich der Kurtaxzahlungen Unstimmigkeiten vorlagen.)
Bezeichnend für die Hilflosigkeit der Verwaltung auf diesem Gebiet mag ein Vorgang aus der letzten Sitzung sein. Auf Nachfrage, wie denn die aktuellen Gästezahlen aussehen, gab Bürgermeister Heinz-Gerhard Ehmen eine Überblick und äußerte seine Zufriedenheit mit den vorliegenden Zahlen. Auf den Hinweis, dass die Zahlen doch wohl nicht stimmen könnten, räumte der Bürgermeister ein, das die von ihm vorgetragenen Zahlen den Stand Mai 2003 darstellen, aktuellere Zahlen lägen z. Zt. nicht vor.

Touristische Angebote für Geschichtsinteressierte, besonders Kirchengruppen, Universitäten Die Stadt plant Grosses, das Portal zur Geschichte soll Zehntausende in die Stadt locken. Seit Wiedereröffnung der Stiftskirche bestand die Möglichkeit, diesen Markt intensiv zu bearbeiten und damit auch bereits im Vorfeld für das Portal zu werben. Leider auch hier Fehlanzeige!

Qualitätssicherung im Tourismus Detailliert ist im Massnahmenkatalog beschrieben, was und wo getan werden sollte. Passiert ist nichts die Quittung kann man in der jetzt vorgelegten Kurortstudie nachlesen: Bad Gandersheim ist dort zu diesem Thema unter Notstandsgebiet eingruppiert. An anderer Stelle ist der Service-Bereich der Touristinformation im unteren Mittelfeld angesiedelt.

Gästebefragung Wie sehen uns unsere Gäste (Kunden)? Wo fehlt was? Was können wir verbessern? Fragen auf die keine Antworten vorliegen. Die Sozialversicherungspatienten werden nach ihren Eindrücken gefragt (allerdings erfolgt dies ohne Einbeziehung und Auswertung durch die Stadtverwaltung) aber was bewegt unsere selbstzahlenden Gäste. Ist das nicht das kleine Einmaleins jedes Kaufmanns. Oder wissen wir schon, was für unsere Gäste gut ist? Für zukünftige Marketingstrategien sind die Auswertungen einer solchen Befragung (einschließlich der Gästeanalyse) von elementarer Bedeutung. (Die Gutachten Brunshausen, Portal zur Geschichte und Schwimmbad verweisen alle auf die Wichtigkeit bzw. fordern vor der weitern Umsetzung Massnahmen in dieser Richtung.)

Auflage eines Sales-Guides Es wird in unserer Stadt viel angeboten aber wie wird es verkauft? Wie wird das Angebot inhaltlich transportiert. Bei der vergleichenden Kurortstudie wird Bad Gandersheim bei Produkte und Dienstleistungen im oberen Mittelfeld geführt. Na toll aber warum bleiben dann nennenswerte Buchungen aus?

Wie ist im IDC-Gutachten von 1998 zu lesen: Die Rolle der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates im Unternehmen Stadt übernehmen die Spitzen aus Politik und Verwaltung. Hier werden die Dinge initiiert, gesteuert, koordiniert und kontrolliert.

Der Beitrag des Aufsichtsrates (Politik) war eindeutig, der Auftrag an die Geschäftsführung (Verwaltung und Bürgermeister) wurde erteilt. Die SPD-Fraktion im Gandersheimer Stadtrat nimmt zur Kenntnis, das wesentliche Teile des VA-Beschlusses zu Umsetzung des touristischen Massnahmenpaktes nicht erfolgt sind.

Wie sagte Bürgermeister Ehmen so treffend in der letzten Ratssitzung: Um diesen Bereich (Kur und Tourismus) werde ich mich die nächsten Monate intensiv kümmern ...... wird ja auch langsam Zeit, Herr Kurdirektor.