Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, findet im Rosencafé Brunshausen um 9:30 Uhr ein Frauenfrühstück statt, zu dem die Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis eingeladen haben. Es lohnt sich, zu kommen und sich rechtzeitig Karten dafür zu besorgen (u. a. im Sanitätshaus Deppe und in der Buchhandlung Pieper in der Alten Gasse). Die Kunsthistorikerin Anne-Kathrin Race wird einen Vortrag zum Thema „Wer war Roswitha von Gandersheim?“ halten. ...

Als mittelalterliche Stiftsdame ahnte Roswitha von Gandersheim vermutlich nichts davon, dass es über tausend Jahre nach ihr einen Weltfrauentag geben würde. Roswitha war eine der ganz wenigen Frauen im damaligen Deutschen Reich, die lesen und schreiben konnten; wir sprechen von ihr sogar als erster deutschen Dichterin, die über eine große Bildung verfügte und damit ein außerordentliches Privileg hatte. Roswitha konnte nicht wissen, dass es im Jahr 2014 immer noch nicht selbstverständlich auf der Welt ist, dass Mädchen und Jungen die gleichen Chancen auf Bildung haben, dass Frauen mehrheitlich noch immer ärmer sind als Männer, weil sie weniger Lohn bekommen, und dass viele Frauen nach wie vor alltäglicher Gewalt ausgesetzt sind.

Wir sind zwar mit der Gleichstellung ein ganzes Stück weiter als im Mittelalter:
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist im Grundgesetz von 1949 verankert. Aber erst 1958 wurde in der Bundesrepublik das Verfügungsrecht von Männern über Vermögen und Einkommen ihrer Ehefrauen abgeschafft. Und erst seit 1977 dürfen Frauen ohne das Einverständnis ihrer Männer erwerbstätig sein. Frauen können heute in hohe Positionen von Politik und Wirtschaft gelangen – oder auch Bürgermeisterin werden. Trotzdem: Die Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist noch immer nicht flächendeckend erfüllt. Und weltweit haben Mädchen und Frauen ungleich schwerere Lebensbedingungen als Jungen und Männer. Der Internationale Frauentag am 8. März fordert dazu auf, weiter um wirkliche Gleichberechtigung zu kämpfen – und zwar das ganze Jahr hindurch.

Die Erinnerung an große Frauenpersönlichkeiten ist dabei eine gute Unterstützung.
Dazu tragen auch die niedersächsischen Frauenorte bei, zu denen Bad Gandersheim mit Roswitha seit diesem Jahr gehört. Sogar am Ortseingang wird unter dem Ortsschild deutlich auf den „frauenORT Roswitha von Gandersheim“ hingewiesen. Es zeichnet unsere Stadt aus, dass wir auf eine der berühmtesten Frauen des Mittelalters verweisen können. Roswitha ist Namensträgerin des Gymnasiums, des Literaturpreises an Frauen und des Ringes für die jahresbeste Schauspielerin der Gandersheimer Domfestspiele. Ich meine: Roswitha könnte noch viel stärker ein Symbol für Kultur und Bildung werden, aber auch für eine zukunftsgewandte, attraktive, aufgeschlossene und gastfreundliche Stadt mit starken Männern - und Frauen.