Drei Interessierte haben sich bei der SPD für die Kandidatur zum Bürgermeister beworben. Wir dokumentieren hier für Sie die Bewerbungsreden. Zum Anzeigen der Rede von Rüdiger Schäfer bitte auf die Überschrift zu dieser Meldung klicken.

Schäfer: "Vor gut einem Jahr haben wir in einem kleinen Kreis zusammen gesessen und überlegt, wie wir die SPD-Führungsposten hier in Bad Gandersheim künftig aufteilen können. An mich wurde der Vorsitz des SPD-Ortsvereins herangetragen. Ich habe nach kurzer Bedenkzeit zugestimmt und diese Herausforderung gerne angenommen.

Mir wurde damals auch vorgeschlagen, als Bürgermeister zu kandidieren. Die Entscheidung ist mir nicht so leicht gefallen. Gilt es doch eine Menge Dinge abzuwägen: Wie mache ich das beruflich? Zieht die Familie mit? Vor allem aber wusste ich nicht, ob mir die Partei, ob ihr mir das überhaupt zutraut. Schließlich kann ein Bürgermeister nur dann erfolgreich für seine Stadt wirken, wenn die Partei ihn auch unterstützt. Ich habe mir deshalb eine längere Bedenkzeit genommen.

Zunächst einmal kam es mir darauf an, in die Rolle des Ortsvereinsvorsitzenden hineinzuwachsen. Da gab es Einiges, was ich fortführen oder anders machen wollte.

Es sollte aber auch eine Testzeit für mich sein. Vorstand und Fraktion sollten in dieser Zeit meine Art kennen lernen; sich ein Bild von den Fähigkeiten und Schwächen machen können. Ich habe die Zeit auch genutzt, um mich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es waren auch recht schwierige Dinge dabei.

Ich habe viel positive Resonanz erfahren natürlich auch mal herbe Kritik. Und in Manchem muss ich mich auch erst entwickeln.

Heute bewerbe ich mich bei euch um die Nominierung. Weil ich jetzt weiß, dass ich als Bürgermeister dieser Stadt dienen kann.

Ich habe gesehen, wo hier die Defizite liegen und weiß Antworten darauf.

Während der vergangenen Wochen habe ich viel Unterstützung innerhalb und außerhalb der Partei gespürt. Das hat Mut gemacht. Gemeinsam - mit eurer Hilfe können wir diese Stadt wieder voranbringen.

Zu einer Bewerbung gehört der Lebenslauf.

Ich bin hier in Bad Gandersheim geboren; Jahrgang 1956. Bis zur 5. Klasse bin ich hier auch zur Schule gegangen. Wir sind dann nach Uslar umgezogen und haben dort 5 Jahre gelebt. Danach kamen wir wieder nach Bad Gandersheim zurück. Ich habe hier noch einmal etwas Zeit auf dem Gymnasium verbracht und bin dann aber nach der 10 Klasse abgegangen.

Meine berufliche Laufbahn habe ich mit einer Lehre als Landschaftsgärtner angefangen. Das war tägliche Knochenarbeit bei Wind und Wetter draußen. Aber es hat mir Riesenspaß gemacht.

Landschaftsbau war 1975 noch mit viel Handarbeit verbunden. Viele der Kollegen waren einfache Arbeiter ohne Berufsausbildung. Aber sie wurden damals zur Pflege der Grünanlagen gebraucht. Es stimmt mich schon traurig, dass diese Jobs heute fast gar nicht mehr erledigt werden oder durch 1-Jobber ersetzt wurden.

Meinen Respekt vor körperlich arbeitenden Menschen gleich welcher Bildung habe ich nie mehr verloren.

Nach der Lehre habe ich mein Fachabitur in Hannover gemacht. Bin dann 15 Monate bei der Bundeswehr gewesen und habe anschließend in Osnabrück studiert und 1982 meinen Abschluss als Diplom-Ingenieur gemacht.

Meine erste Anstellung war in einem Planungsbüro in Rosdorf bei Göttingen. Wir hatten dort fast ausschließlich mit einem Projekt zu tun: der Bundesbahnneubaustrecke Hannover-Würzburg, also der ICE-Strecke.

Das war bis heute mein aufregendstes Projekt: ein motiviertes Team, als Auftraggeber eine große Behörde die Bundesbahn, Herumkommen bei ganz vielen Gemeinden und Behörden in Südniedersachsen. Von den Kontakten profitiere ich noch heute.

Als Landschaftsplaner saßen wir bei diesem Projekt ständig zwischen den Stühlen. Schließlich hatte unser Auftraggeber eine der größten Landschaftszerstörungen seiner Zeit vor. Meine Baustelle war auch mal eines Morgens besetzt. Naturschützer wollten Baumfällungen verhindern, mit Presse, Rundfunk und Riesenaufgebot.

Ich erzähle euch das, weil mich dieser erste Job besonders geprägt hat. Ich habe gelernt, dass man Konflikte nur durch korrekte Arbeit lösen kann: Alles muss auf den Tisch! Irgendwelchen Bedenken immer sofort und ernsthaft nachgehen! Niemals etwas verschleiern! Nur auf diesem Weg kommt man zu akzeptablen Lösungen.

Als junger Mensch will man weiterwandern.

Ab 1985 habe ich ein Austauschprogramm in den USA mitgemacht. Zunächst absolvierte ich in Texas ein einsemestriges Einführungsstudium. Anschließend bekam ich eine Arbeitserlaubnis für 12 Monate und fand einen Job in Orange County, bei Los Angeles.

Wir planten einen neuen Stadtteil, auch aufregend, immerhin 5.000 Einfamilienhäuser, Grundschule, Kindergarten usw.

Ich habe in dieser Zeit nicht nur endlich richtig Englisch gelernt. Ich habe auch gesehen, dass es Ähnlichkeiten in Verwaltung und Ratsarbeit hier wie dort gibt. Habe aber auch gesehen, wie man dort die Entscheidungsprozesse ganz anders organisiert.

Nach 18 Monaten war meine Aufenthaltserlaubnis in USA abgelaufen. Ich habe anschließend eineinhalb Jahre in Hamburg gearbeitet; habe in der Zeit meine Anforderungen zur Eintragung in die Architektenliste vervollständigt.

Dann, das war 1988, konnte ich mich als Selbstständiger hier in Bad Gandersheim niederlassen.

Wieder in der Heimat. - Wenn man länger weg gewesen ist, wird einem noch klarer, welche Lebensqualität diese Stadt bietet!

Seit dem betreibe ich erfolgreich mein Planungsbüro. Ich bin für die Industrie tätig, plane Kiesgruben und Gipssteinbrüche; bin für Gemeinden und Behörden in Südniedersachsen tätig. Mache die Umweltplanung zu Straßen, Baugebieten, im Gewässerbau usw.

Was mich am Architektenberuf fasziniert, ist die Herausforderung der Baustelle: Immer wieder mit neuen Teams konfrontiert werden, sich auf die Menschen kurzfristig einstellen müssen, sie für ein gemeinsames Werk motivieren, auch einmal den Zauderern eindeutig die Richtung vorgeben müssen --- das macht meinen bisherigen Beruf aus.

Ich denke, unser Rathaus ist zurzeit wie eine schlecht geleitete Baustelle.

1989 war ein wichtiges Jahr: Da habe ich meine Frau kennen gelernt. Das war das Beste, was mir passieren konnte. Wie ihr wisst, haben wir 3 Kinder.

Und 1989 bin ich in die SPD eingetreten. Das waren damals Dietmar Jürgens, Jürgen Steinhoff und Rolf Brinkmann, die mit Umweltfragen kamen und mich so in die Partei lockten. Ich fand, dass die SPD hier vor Ort eine sehr gute Politik machte und habe deshalb zunächst mehrere Jahre als Kooptierter in der Stadtratsfraktion mitgearbeitet.

Mitte der 90er Jahre sah ich die größten politischen Herausforderungen nicht mehr in der Umweltpolitik. Ich fand es wichtiger, Arbeitsplätze für die Menschen zu schaffen.

Wir haben damals hier im Landkreis aus den wirtschaftsinteressierten SPD-Mitgliedern die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft AGW gegründet. Ich war der Vorsitzende.

Wir haben wichtige Grundlagenarbeit für die Kreistagsfraktion geleistet; haben damals in allen Gemeinden des Landkreises Wirtschaftsgespräche geführt, Anregungen eingeholt, ausgewertet und für die Umsetzung gesorgt. Es ist unser Erfolg, dass der Landkreis sich wieder für Wirtschaftsförderung einsetzte, Personal bereitstellte und die Gemeinden seitdem mit Mitteln zur Kofinanzierung unterstützt.

In dieser Zeit als Vorsitzender der AGW habe ich gelernt, politische Prozesse zur Meinungsbildung zu moderieren.

Meine nächste Station war die Wahl in den Vorstand des Unterbezirks. Dort habe ich die Partei in ihren Strukturen, mit ihren Problemen und Stärken besser kennen gelernt.

Das war die Zeit, wo ich mit Uwe Schwarz die intensivste Zusammenarbeit hatte. Bei den Kommunalwahlen vor 5 Jahren war ich für Kreiensen und Bad Gandersheim der Spitzenkandidat auf der Kreistagsliste. Bin auch gewählt worden.

Aufgrund meiner vorherigen Tätigkeiten in UB-Vorstand und AGW bin ich auf Anhieb in die Spitze der Kreistagsfraktion gekommen. Gehöre dem Fraktionsvorstand an, bin Mitglied im Kreisausschuss, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften, sowie Mitglied in dem absolut vertraulichen Grundstücksverkehrsausschuss.

Zu meinen Kreistagstätigkeiten für Bad Gandersheim gehören Entscheidungen wie die schwierige Neuordnung der Schullandschaft, die Förderung des Portals zur Geschichte, des Wohnmobilstellplatzes und der Triathlon-Akademie.

Wenn ich auf meinen politischen Lebenslauf zurückschaue, war zunächst der Schutz der Umwelt mein wichtigstes Anliegen. Später wurde mir die Schaffung von Arbeitsplätzen das Wichtigste. Aktuell halte ich allerdings den Erhalt sozialer Gerechtigkeit für die größte Herausforderung für uns Sozialdemokraten. Aber das ist ein eigenes Thema.

Wenn ich mich heute bei euch als Bürgermeisterkandidat bewerbe, muss ich sagen, wie ich das Amt später ausfüllen will. Der Bürgermeister ist zugleich Verwaltungschef, Politiker und Repräsentant der Stadt.

Zunächst einmal die Rolle als Verwaltungschef:

Es wird immer wieder an mich herangetragen: Falls Sie es werden, bitte sorgen Sie für bessere Koordination innerhalb der Verwaltung. Oder: Machen Sie Dampf!

Nun - ich weiß, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt ganz gut sind. Die verstehen ihren Job. Aber was in der Verwaltung fehlt, ist die klare Zielvorgabe. Und wenn die fehlt, können auch nicht alle an einem Strang ziehen.

Ich werde als Verwaltungschef zunächst mit allen reden und eine Bestandsaufnahme machen. Ich werde klären, warum die Kommunikation in der Verwaltung oder nach Außen so oft als mangelhaft beschrieben wird und sie dann verbessern. Und wir werden gemeinsam Visionen und Ziele entwickeln.

Nun zur Rolle als Politiker:

Es stimmt, das Rumhacken auf dem politischen Gegner liegt mir nicht. Manche meinen ja deshalb auch, ich sei zu sanft. Vielleicht ist das auch der Preis: Einer, der ausgleichen will und Meinungen zusammenführen will, kann nicht gleichzeitig Leute mit anderen Ansichten fertig machen.

Aber wer mich länger kennt, kann sich sicher erinnern, wann die Sanftmut am Ende war: bei Manipulation, Demagogie, Verlogenheit, Unfairness. Diese Verhaltensweisen haben in der politischen Auseinandersetzung nichts zu suchen! Da gehe ich dazwischen!

Mein Ziel als Bürgermeister ist, mit allen Parteien und Gruppen sachlich zusammenzuarbeiten. Nun zu den politischen Projekten und Vorhaben für diese Stadt:

Viel ist die letzten Jahre liegen geblieben und wir wollen viel tun. Mit wir meine ich Vorstand und Fraktion. Wir haben schon angefangen, Einiges auszudiskutieren und niederzuschreiben. Wir werden Weiteres erarbeiten: Familienfreundlichkeit, Fremdenverkehr, wie das Schwimmbad erhalten, Haushaltssanierung, soziale Gerechtigkeit. Wir werden den Dialog mit der Wirtschaft führen, mit Ehrenamtlichen, Verbänden usw. Das Alles wollen wir in unser Wahlprogramm schreiben. Und ich will das als Bürgermeister gemeinsam mit der SPD-Fraktion umsetzen.

Der Bürgermeister repräsentiert die Stadt, und er ist Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger.

Aber wie viel Frust ist bei den Gandersheimern in den letzten Jahren aufgekommen. Das hat niemand verdient. Ich werde wieder für verlässliche Aussagen der Stadt gegenüber Allen sorgen. Vor allem die vielen Vereine und Ehrenamtlichen brauchen ein zuverlässiges Gegenüber. Denn sie sind das Potential für mehr Lebensqualität in dieser Stadt.

Und das verspreche ich euch: Bei mir werden unbequeme Themen nicht auf die lange Bank geschoben, sondern sachlich in die Hand genommen.

Liebe Genossinnen und Genossen,

am 10. September werden ein neuer Stadtrat für 5 Jahre und ein Bürgermeister für die nächsten 8 Jahre gewählt.

Diese Stadt braucht eine seriöse und langfristig stabile Politik. Deshalb stelle ich mich zur Wahl. Ich will unsere Stadt wieder voranbringen.

Jetzt seid Ihr dran! Ihr müsst heute die Weichen mit einer ersten Personalentscheidung stellen.

Ich habe euch meine Qualifikationen aufgezeigt. Sie entspringen dem, was ich gemacht habe. Ihr kennt nun meinen Lebenslauf und wisst wie ich bin.

Meine Hauptziele für diese Stadt sind, Konflikte zu lösen anstatt zu verschleiern, Probleme anzupacken, Visionen zu geben und Mut zu machen.

Ich bitte euch um eure Unterstützung. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit."