In dem folgenden Leserbrief stellt die Arbeiterwohlfahrt (AWO), Ortsverein Bad Ganderheim, ihre Sicht der Dinge zum Thema "Barrierefreiheit" dar. ...

Mit einigem Erstaunen stellt man im paritätisch besetzen Arbeitskreis (AK) „Barrierefreiheit“ fest, dessen Träger der AWO-Ortsverein ist, dass Herr Ehmen als Bürgermeisterkandidat plötzlich meint, herausfinden zu müssen, wie barrierefrei unsere Stadt ist. Dass er dazu auch noch der Hilfe eines ortsfremden Bundestagsabgeordneten bedarf, ist noch erstaunlicher.
Da Herr Ehmen ja nicht nur Bürgermeisterkandidat ist sondern auch amtierender Bürgermeister, hätte er doch leicht auf die amtsinternen Unterlagen zurückgreifen können und sich von seinem Pressesprecher, Herrn Manfred Kielhorn, der zugleich für das Sachgebiet „Beratung von Menschen mit Behinderung“ zuständig ist, und auch eng mit dem AK „Barrierefreiheit“ zusammenarbeitet, erklären lassen können, was der Arbeitskreis bisher herausgefunden hat und was bisher unternommen wurde, um der Barrierefreiheit in dieser Stadt gerecht zu werden.
Mit Schreiben vom 9. März 2012 hat dieser Arbeitskreis (AK) nämlich den Bürgermeister im Rahmen einer Einladung für ein erstes Treffen am 25. April 2012 angeschrieben, welche Aufgaben er übernehmen werde, und dass die Stadt stets mit eingebunden werden solle (was in der Folge auch geschah).Dazu werde man sich mit Herrn Kielhorn in Verbindung setzten, um gemeinsam Ziele der Barrierefreiheit zu erreichen. Im letzten Satz dieses Schreibens steht (Zitat): „ Wir hoffen weiterhin, dass wir auf dieser Ebene durch ehrenamtliches Engagement einen beachtlichen Beitrag zur Verbesserung unserer Infrastruktur leisten können und deshalb ist uns auch eine Verbindung und Zusammenarbeit wichtig“.
Ein erstes Treffen fand am 5. Juni 2012 vor der (damaligen) Paracelsus-Gandeklinik statt. Die AK-Mitglieder machten sich mit einem (besetzten) Rollstuhl, einem Rollator und einem Kinderwagen durch den Kurpark auf den Weg zur Stiftsfreiheit. Dabei wurde vor allem der öffentliche Bereich (Kurpark, Hildesheimer Straße, Neue Straße bis Burgstraße usw.) mit sehr vielen kleinen und mitunter auch größeren Hindernissen in Augenschein genommen und (u.a. von Herrn Kielhorn) fotografisch dokumentiert. Der schwierigste Part war dann die Querung des Domänenhofes zur Stiftsfreiheit. Dieser Besichtigungstour folgten zwei weitere. Eine führte am 24. September 2012 vom überhaupt nicht barrierefreien Bahnhof, über die Moritzstraße bis in den erneuerten Steinweg. Bei der nächsten Begehung wurden am 5. November 2012 die Schulwege rund um die Schulen auf Barrierefreiheit hin untersucht. Dem AK lag auch daran, dass bei Reparaturen und Verbesserungen zunächst so vorgegangen werden konnte, dass solche, die ohne großen finanziellen Aufwand vorgenommen werden konnten, zuerst abgearbeitet werden sollten.
Bald aber zeigte sich, dass es im Stadtkern zwischen Burgstraße und Stiftsfreiheit den dringendsten Handlungsbedarf gab. Daraufhin stellte die SPD-Fraktion im März 2013 den Antrag auf Umgestaltung des Domänenhofes für diesen Fußgängerbereich. Eine Planung mit einer Kostenschätzung wurde von der Bauverwaltung erstellt und am 23.5.2013 im Stadtentwicklungsausschuss diskutiert. Sie entsprach aber von ihrer Sinnhaftigkeit nicht den Vorstellungen der Fachausschussmitglieder. Eine Verbesserung sollte erarbeitet werden. In diese Zeit fiel das Ansinnen, eine Bewerbung für eine Landesgartenschau planerisch vorzubereiten. Deshalb wollte man in diesem Zusammenhang seitens des Ausschusses gern wissen, ob eine Förderung der Maßnahme am Domänenhof möglich ist. Ein Ergebnis ist dem Ausschuss bis zur negativ ausgefallenen Entscheidung der Landesgartenschaubewerbung nicht mitgeteilt worden. Eine weitere Rückstellungsempfehlung gab es dann vom Bauamtsleiter, der mitteilte, wegen der gesetzlichen Verpflichtungen zur Barrierefreiheit seien nun die für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zuständigen Verkehrsbetriebe zum Umbau des Domänenhofes verpflichtet. Hier solle man zunächst deren Planungen abwarten und die städtische Gehweglösung auf diese Planung abstimmen. Das war im Herbst 2013. Bis heute hat sich bedauerlicherweise in dieser Richtung offensichtlich noch nichts ergeben. Das wird nun alsbald nachzufragen sein, damit endlich eine erste ernsthafte Verbesserung im öffentlichen Bereich begonnen werden kann. Die Arbeit des AK „Barrierefreiheit“ ist seit seiner Neugründung Anfang 2012 stets vom GK mit einer mehrmals auch bebilderten Berichterstattung einer breiten Leserschaft zugänglich gemacht worden.
Dem AK „Barrierefreiheit“ kam es vor allem darauf an, zuerst immer nur öffentliche Bereiche zu betrachten und es den Privat- und Geschäftsleuten zu überlassen, für ihren Bereich selbst sachdienliche Lösungen zu suchen.
Seitens des AK hat man überhaupt kein Verständnis für den jetzt wohl aus wahltaktischen Gründen in Gang gesetzten Aktionismus des amtierenden Bürgermeisters. Und man fragt sich, warum erfolgte in den letzten beiden Jahren seinerseits keine aktive Begleitung, warum wurde der AK nicht ein einziges Mal zu einem Abstimmungsgespräch gebeten. Und nun entdeckt Herr Ehmen im Wahlkampf zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten die Barrierefreiheit als völlig neues Aktionsfeld. Den ehrenamtlich geführten Arbeitskreis „Barrierefreiheit“ scheint es für ihn nicht zu geben; welche Wertschätzung !


Anita Wiegmann / Ulrich Schröter
AWO-Ortsverein Bad Gandersheim