In einem Interview stellte die Einbecker Zeitung "Die Eule" 10 Fragen an die Bad Gandersheimer Bürgermeister-Kandidatin Franziska Schwarz. Lesen Sie bitte die nachstehend aufgeführten Antworten. ....

1.)
Zukunft gestalten – nach der weitgehenden Entschuldung durch den Zukunftsvertrag mit dem Land drücken im Stadthaushalt weniger Geldsorgen. Wie groß sind die finanziellen Spielräume in BGan tatsächlich? Verdonnert der Zukunftsvertrag die Kommune praktisch zu konsequenter Spar- und Streichpolitik mit wenig Platz für freiwillige Leistungen? Sparen und trotzdem gestalten – wie soll das funktionieren?

Der Zukunftsvertrag gibt vor, dass nur vier Prozent des Haushalts für sogenannte freiwillige Leistungen ausgegeben werden dürfen. Das bedeutet: Bad Gandersheim hat auch weiterhin nur sehr kleine finanzielle Spielräume. Das wird sich nur ändern, wenn wieder mehr Einnahmen in die Stadt fließen. Momentan spielt sich das Gegenteil ab: Kürzlich wurde eine weitere Klinik geschlossen, das bedeutet nicht nur deutlich weniger Kurtaxeinnahmen, sondern auch Auswirkungen auf die Umsätze von heimischen Geschäften und Betrieben. Vor diesem Hintergrund lehne ich leere Versprechungen und unkoordinierte Einzelmaßnahmen ab. Wir brauchen vielmehr ein Gesamtkonzept für die Entwicklung der Stadt, aus dem abgeleitet wird, welche Maßnahmen Priorität haben und bezahlbar sind – und für welche Maßnahmen wir realistisch Fördermittel erhalten können.

2.)
Lebensqualität in idyllischer Landschaft, naturnahes Wohnen im Grünen zu günstigen Preisen, mit rührigen Vereinen und lebendigen Dorfgemeinschaften – wie will BG unter Bürgermeisterin Schwarz konkret und nachhaltig die Dörfer und Kernstadt stärken?

Bad Gandersheim muss mit seinen Vorzügen viel stärker werben, damit mehr junge Familien zu uns ziehen. Das Dorf Heckenbeck ist dafür schon ein Vorbild. Auch für Berufspendler nach Göttingen, Braunschweig und Hannover ist Bad Gandersheim mit der Nähe zur A 7 ein attraktiver Wohnstandort. Unser Bahnhof sollte allerdings modernisiert und barrierefrei gestaltet werden. Darüber hinaus müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen auch im zunehmenden Alter hier gut wohnen können. Das bedeutet viel mehr Barrierefreiheit, aber auch bessere Angebote der Mobilität in Stadt und Dörfern, die mit den örtlichen Unternehmen und dem Landkreis abgestimmt sind. Noch haben wir eine vergleichsweise gute Infrastruktur zu bieten – mit allen Schulen, Kitas, ärztlicher Versorgung und einem Krankenhaus, Sole-Waldschwimmbad, Kino, Wellnessangeboten und viel Kultur. Das sind wichtige Standortfaktoren. Ich werde mich sehr dafür einsetzen, dass uns das erhalten bleibt und weiterentwickelt werden kann.

3.)
Mit nur noch 10.000 Einwohnern erlebt BG den fortschreitenden demografischen Wandel bereits hautnah. Kann BG allein selbstständig bleiben? Oder mit welchen Nachbar-Kommunen könnte eine Kooperation oder Fusion sinnvoll sein?

Durch die Fusion von Kreiensen und Einbeck ist Bad Gandersheim an der Landkreisgrenze in eine zusätzlich schwierige Lage geraten, deren Auswirkungen, z.B. hinsichtlich des Zuständigkeitsbereiches von Landesbehörden und Schulen noch sehr schwierig werden können. Fusionsgespräche mit Kalefeld sind aus nicht erkennbaren Gründen gescheitert. Kreisübergreifende Fusionen sind derzeit rechtlich kaum durchsetzbar. In dieser Situation muss Bad Gandersheim zunächst seine Alleinstellungsmerkmale besser herausstellen und sich darüber hinaus ernsthaft um engere Kooperationen mit allen angrenzenden Nachbargemeinden bemühen. Denkbar wären dabei sowohl Einbeck und Kalefeld als auch Lamspringe und Seesen. Ob sich daraus mittelfristig zusätzliche Perspektiven ergeben, wird sich zeigen. Jedenfalls will ich unmittelbar nach meiner Wahl das Gespräch mit unseren Nachbargemeinden suchen.

4.)
Ehrenamt als willkommener Bürgerbeitrag oder Ausdruck eines "status quo" der leeren Taschen – ist freiwilliger Bürgereinsatz bei Grünpflege, Dorfgemeinschaftshäusern etc. auf Dauer der richtige Weg?

Ohne Ehrenamtliche hätte Bad Gandersheim viel weniger zu bieten. Sie sichern nicht nur viele unverzichtbare Angebote wie z. B. das Sole-Waldschwimmbad, die Bücherei, das Museum und die Dorfgemeinschaftshäuser, sondern prägen auch eine Atmosphäre des Gemeinsinns und der Mitverantwortung, die Stadt und Dörfern gut tut. In den letzten Jahren sind aufgrund der leeren Haushaltskassen allerdings immer mehr Aufgaben an Freiwillige übergegangen. Ich sehe hier die Grenzen erreicht, zumal die meisten Aktiven naturgemäß nicht jünger werden und der Nachwuchs fehlt. Es müssen also überall Jüngere gewonnen werden, die mitmachen und die Arbeiten fortsetzen. Auch das wird ohne neue Einwohnerinnen und Einwohner schwierig werden. Über die Situation in den Dörfern will ich zunächst mit den Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern sprechen. Sie wissen am besten, wo Handlungsbedarf besteht und welche Lösungen möglich sind. Meines Erachtens werden die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher mit ihrer vorhandenen Kompetenz viel zu wenig mit einbezogen.

5.)
Gesundheit, Pflege, drei verbliebene Kliniken – wie steht die Bürgermeister-Kandidatin zum Strabag-Konzept für zeitgemäßen Gesundheitstourismus, das vom Amtsinhaber propagiert wird? Wie kann sich BadGan sonst prosperativ verwandeln und posotov entwickeln?

Grundsätzlich ist es richtig, sich über eine Weiterentwicklung des Schwerpunkts „Gesundheit“ Gedanken zu machen. Allerdings geht das nur gemeinsam mit den vielen Anbietern im Gesundheitswesen vor Ort. Beispielhaft erwähne ich nur die Paracelsus-Kliniken, die Helios-Klinik, den Vitalpark und die vielen ambulanten Angebote. Hier muss mehr miteinander als übereinander gesprochen werden. Schließlich besteht doch ein gemeinsames Interesse daran, weiterhin und zusätzlich Patienten und Kurgäste nach Bad Gandersheim zu bekommen . Das ist eine viel näherliegende Aufgabe als immer neue Luftschlösser, die konzeptionell und wirtschaftlich unausgereift sind und bisher alle wie Seifenblasen zerplatzten. Wir brauchen dringend wieder ein funktionsfähiges Veranstaltungszentrum und zeitgemäße Hotels. Dafür will ich mich stark machen.

6.)
Landesgartenschau 2020 – viele Einwohner sind Feuer und Flamme für die sechsmonatige Großveranstaltung, andere sorgen sich um gigantomanische Pläne mit hohem Finanz-Risiko. Wollte eine Bürgermeisterin Schwarz die LaGa-Herausforderung annehmen oder lieber ganz andere Akzente zur nötigen Verbesserung der touristischen Infrastruktur setzen?

Eine Landesgartenschau kann eine große Chance für Bad Gandersheim sein. Allerdings nur dann, wenn sie gut geplant und realistisch finanzierbar ist. Bisher gibt es dazu zwar eine Planskizze mit interessanten Ideen, aber noch kein wirkliches Konzept für Inhalt und Finanzierung - und auch keinen einzigen Investor. Zunächst brauchen wir eine Gesamtplanung und dazu gehört die Klärung, was finanziell wirklich leistbar ist, mit welchen Fördermitteln wir tatsächlich rechnen können und wer uns mit Investitionen unterstützt. Genau diese Aufgaben hat uns auch die Landesregierung aufgetragen, damit eine erneute Bewerbung um die Landesgartenschau erfolgreich sein könnte.

7.)
Energiewende vor Ort und Bürgerprotest gegen 380-Kilovolt-Freilandleitungen mit Riesenmasten – ist die SPD-Kandidatin auch für die "Nordvariante" der Stromtrasse, um das Kurstadt-Panorama wie auch das muntere Heckenbeck zu schonen? Erdverkabelung in Höchstspannungsgleichstrom, auch wenn dafür geklagt werden müßte?

Ich bin für die Energiewende und den Ausbau erneuerbarer Energien. Aber 380 KV-Leitungen – wenn sie denn sein müssen - gehören in unserer Region unter die Erde.

8.)
Domfestspiele als wichtiges Pfund für den Bekanntheitsgrad der Kleinstadt mit großer Kultur – welche Entwicklungschancen sieht die Bewerberin für den kulturellen Alltag? Ist ein aktiver Kino-Förderverein Modell oder Ausnahme? Mit welchen Schwerpunkten könnten junge Leute angesprochen (und an die Stadt) gebunden werden?

Bad Gandersheim hat wirklich viel zu bieten, und zwar für alle Generationen: Domfestspiele, Dommusiken, die Weltbühne Heckenbeck, Jazztage, Portal zur Geschichte, Gandeon, Museum und mehr! Ohne die vielen Ehrenamtlichen wäre das nicht möglich. Die Domfestspiele sind unser herausragendes Markenzeichen und Kulturereignis, das stärker mit anderen Bereichen vernetzt und beworben werden muss. Der monatliche Veranstaltungskalender „Hauptsache Kultur“ ist dafür ein wichtiger Schritt. Ich finde es gut, dass mit dem Theater-Virus im Rahmen der Domfestspiele auch Jugendliche direkter angesprochen werden und sich selbst engagieren. Wenn junge Menschen zu „Botschaftern“ der Kulturszene in Bad Gandersheim werden, hätten wir einen zusätzlichen Standortvorteil für Menschen, die hierher kommen.


9.)
Ein guter Draht zur Landesregierung kann nicht schaden – wie funktioniert die niedersächsische Polit-Farbenlehre für BG?

Ich werde Kontakt zu allen Ministerien pflegen, die für Bad Gandersheim wichtig sind, unabhängig davon, welche Parteien die Landesregierung stellen. Außerdem finde ich es wichtig, die örtlichen Abgeordneten in die Anliegen der Stadt einzubeziehen, um entsprechende Unterstützung für Bad Gandersheim erhalten zu können. Die Aufgabe lautet: Kontakte und Netzwerke wieder verstärkt aufbauen und nutzen!

10.)
Als SPD-Vorsitzende und Stadträtin kennen Sie den parteilosen Amtsinhaber HGE gut. Wie soll der Wahlkampf für das kommunale Spitzenamt des Hauptverwaltungsbeamten ausfallen – harmonisch und sachorientiert oder kontrovers und polarisierend? Welcher Stil ist angesagt? Welche Rolle spielt die CDU?

Ich stehe für einen Wahlkampf, der an der Sache orientiert ist und zugleich die unterschiedlichen Positionen deutlich macht. Polarisierungen liegen mir ohnehin nicht. Die Bürgerinnen und Bürger wissen, wofür die Bewerber um das Bürgermeisteramt stehen. Ich lebe seit fast 20 Jahren gerne in dieser Stadt, aber mir hat so manche Entwicklung in den letzten Jahren wirklich weh getan. Ich kandidiere nicht gegen Personen, sondern für die Aufgabe, mich als Bürgermeisterin für eine bessere Zukunftsperspektive Bad Gandersheims einzusetzen. Welche Rolle die CDU spielen wird oder will, kann ich nun wirklich nicht beantworten. Nach meinen bisherigen Erfahrungen gibt es natürlich auch in der CDU viele konstruktive Persönlichkeiten, die ebenfalls ein Interesse daran haben, dass es in Bad Gandersheim wieder aufwärts geht . Wenn uns das gelingen soll, müssen wir ohnehin alle gemeinsam anpacken, und dazu will ich beitragen.