Mit einem Leserbrief wendet sich Vincent Zettl an alle Jugendlichen dieser Stadt. Er hat nicht nur die Demonstration der Schüler und Jugendlichen in der vergangenen Woche beobachtet, sondern auch die anschließende Ratssitzung.

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Neugierig habe ich am Donnerstag, dem 05.03.09 an der Demonstration teilgenommen und der Kundgebung zugehört. Vermehrt wurde ich von Demonstranten gefragt, warum ich selbst als Schulsprecher keine Rede vorbereitet hätte. Dies werde ich im Folgenden ausführlich begründen. Dass ich mir jedoch die Frage anhören musste, ob mir die SPD wohl das Wort verboten hätte, verletzte mich zutiefst und machte mich auch sehr wütend.

Ich glaube, dass es in dieser Stadt keinen einzigen Menschen gibt, der mir widersprechen wird, wenn ich behaupte, dass Jugendarbeit und Angebote für Jugendliche unbedingt erhalten bleiben müssen. Herr Scholz hat allerdings in der Ratssitzung sehr treffend dargestellt, dass im Falle einer Ausschüttung von Geldern für Jugendarbeit die Verschuldung bloß weiter steigen würde und dieselben Demonstranten in einigen Jahren wegen nötig gewordener Steuererhöhungen wieder auf der Rathaustreppe stünden.

Die Notwendigkeit des vielfach geforderten Erhalts der Jugendarbeit würde wohl auch jedes Ratsmitglied unterschreiben. Es ist jedoch ein Fakt, dass es an den nötigen Geldern dafür in ganz bedeutendem Ausmaß fehlt!!

Dabei hilft es nicht, den Rat als böses Ungeheuer zu verschreien. Ingrid Lohmann hat in einer bewegten Stellungnahme gezeigt, wie viel Zeit und Energie von Ratsmitgliedern ehrenamtlich für diese Arbeit geopfert wird. Dass eben diese Ratsmitglieder sich dann vor dem Rathaus von Jugendlichen beschimpfen lassen müssen, ist nicht nur höchst verletzend sondern auch zutiefst menschenverachtend.

Auch Ratsmitglieder sind in meinen Augen nur normal denkende Menschen, die Entscheidungen (oftmals schweren Herzens) aus Vernunft und langem Abwägen heraus fällen.

Bei der Jugendarbeit zu kürzen, wurde daher nicht aus einer gemeinsamen bösen Absicht heraus beschlossen, sondern weil es schlicht und ergreifend eine von vielen unangenehmen Konsequenzen ist, um die Stadt endlich auf ihrem freien Fall zu bremsen.

Für jeden Bürger dieser Stadt, dem am Erhalt der Jugendarbeit wirklich etwas liegt, ist es daher dringend und zwingend notwendig, endlich „konstruktive“ Vorschläge zur Verbesserung der Situation beizutragen.

Die Veranstalter der Demonstration haben zwar ein Zeichen gesetzt, doch ich kritisiere heftig, dass auch im zweiten Flugblatt neben der Feststellung „Jugendarbeit/Bolzplätze/… müssen erhalten bleiben!“ keinerlei konstruktive Lösungsvorschläge geäußert wurden.

Dass es der Demonstration an inhaltlichem Tiefgang fehlte, bestätigte sich für mich auch in der anschließenden Ratssitzung. Nachdem diverse Ratsmitglieder (u.a. H. Scholz s.o.) ihre Punkte verdeutlicht hatten, herrschte auch auf Nachfrage der Frau Vorsitzenden hin erdrückendes Schweigen im Raum. Alle Proteste waren scheinbar urplötzlich verstummt. Hier hätte sich jedem Demonstranten die Chance geboten, den Rat mit Inhalten zu konfrontieren. Die waren aber offenbar einfach nicht vorhanden.

Im Vorfeld der Demonstrationen habe ich sehr intensiv nach eben solchen Inhalten gesucht und meine Bedenken auch im Stadtjugendring geäußert. Der einzig ernst zu nehmende Vorschlag kam dabei von Franziska Schwarz, die in einem Treffen von SPD-Ortsverein und Stadtjugendringvertretern anbot, gemeinsam mit Jugendlichen die angesprochenen Brennpunkte (Bolzplätze, etc.) zu besichtigen und zu überlegen, wie sich Kompromisse zwischen Stadtzuschüssen und Eigenverantwortung finden lassen könnten. Der Stadtjugendring hat dieses Angebot weder angenommen noch eigene Ansätze ähnlicher Art geäußert.

Dazu ein Beispiel:

Für mich als Jugendlicher wäre es selbstverständlich, dass ich einen Bolzplatz, den ich selbst nutze, beispielsweise auch selbst säubere und mähe. Dafür benötige ich keinerlei Geld vom Stadtrat, sondern lediglich Verantwortungsgefühl und eine gewisse Bereitschaft. Auf der anderen Seite kann ich als Jugendlicher Institutionen wie das Hallenbad nicht aus eigener Kraft erhalten und bin abhängig von Ratsentscheidungen.

Für mich ist es daher wichtig, bei allem Demonstrieren klar zu trennen, wo die Verantwortung des Stadtrates endet und die Verantwortung jedes einzelnen beginnt. Mein Vorschlag und Appell an den Stadtjugendring und an alle Jugendlichen dieser Stadt ist ausdrücklich: „Wir müssen endlich damit beginnen, Ideen zu entwickeln, wie wir selbst durch Eigeninitiative und ohne Geld unser Lebensumfeld verbessern können!“

Für mich ist das der einzige Weg, in Bad Gandersheim noch ein wenig Lebensqualität zu erhalten.